Scheidungsmediation
von Petra Preussler und Carola Garbe
Es war nur eine Pressemeldung, die man schnell überliest.
In Berlin wurden im Jahr 2021 5.842 Ehen geschieden und in Brandenburg 4.167 Ehen.
Gleichzeitig stieg die Anzahl der betroffenen minderjährigen Kinder: In Berlin waren 4.367 Kinder betroffen – 7,5 % mehr als im Vorjahr. In Brandenburg waren es 2.944 Kinder, was einen Anstieg um 2,5 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet.
Jeder von uns kennt eine Scheidungsfamilie. Viele Familien trennen sich mit Herz und Verstand. Die Unterhaltszahlungen werden gerecht geregelt, der Aufenthalt der Kinder abgestimmt und von beiden Elternteilen gemeinsam getragen. Das gemeinsam erbaute/gekaufte Eigenheim der neuen Bestimmung zugeführt.
Eine gemeinsame Zeit geht mit dem Fazit zu Ende: Wir hatten eine schöne Zeit gemeinsam, aber für die Zukunft ist keine Basis mehr da.
Denken Sie jetzt? Das habe ich selten gehört … meist gibt es Streit – manchmal erbitterten Streit?
Das nahende Ende einer Ehe oder auch das Ende des „Zusammenlebens ohne Trauschein“ ist ein Einschnitt in das Leben jedes Menschen und eine Achterbahnfahrt der Gefühle noch dazu. Wenn minderjährige Kinder in der Beziehung leben, ist es oft noch viel emotionaler.
Vor allem der Beginn des Prozesses ist sehr schmerzhaft. Es gibt diesen einen Moment, in dem das Paar feststellt, so will ich/so wollen wir nicht mehr gemeinsam leben. Wie sagen wir es den Kindern? Jede Situation ist anders und einzigartig.
Im besten Fall findet man Unterstützung bei einer Beratungsstelle. Aber wenn dann die Scheidung ansteht, sind doch oft Anwälte diejenigen, die Briefe schreiben und als Schutzschild dienen. Eine sehr teure Angelegenheit.
Manchmal sagen Anwälte: Am besten, preiswertesten, wäre es, wenn sie sich vorher einigen … das heißt, eine Scheidungsfolgevereinbarung abschließen. ABER WIE genau kommt man dazu?
Wie etwas vereinbaren, wenn die Fronten verhärtet sind, die gegenseitigen Beschuldigungen jedes Vertrauen der letzten Jahre niedergerissen haben. Manchmal sind Hass und Missgunst sowie ein regelrechter Krieg um die Gunst der Kinder entstanden.
Ein kleiner Ausflug in unser nordisches Nachbarland.
In den Niederlanden gibt es bei Scheidungen das Angebot einer Mediation als Konfliktlösungsmethode. Es wird offen von den Gerichten beworben. Aktuell gibt es eine App, die mit mediativer Begleitung einen Scheidungsplan und einen Elternplan aufstellt. Der Staat unterstützt die Findung des „Scheidungsplans“ und/oder „Elternplans“, in dem diese Beratung Prozesskostenhilfe-fähig wird. Die Menschen nehmen das gut an.
Warum nicht auch in Deutschland? Es gibt auch hier Scheidungsmediator*innen. Aber sie sind hier weniger bekannt.
Was ist der Unterschied?
Eine Scheidung ist die Auflösung eines Ehevertrages. Dazu kommt oft die Entscheidung zum Sorgerecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht u.v.m. Das ist im Endeffekt eine sehr unemotionale Behandlung von überwiegenden Emotionen.
Ein Scheidungsverfahren hat oftmals viele emotionale Punkte, auf die nicht eingegangen werden kann und bewusst nicht eingegangen wird. Außerdem bleiben Vater und Mutter die Eltern der Kinder. Also wird es in Zukunft immer eine gemeinsame Schnittmenge geben. Wer ein Scheidungskind ist, wird die jährliche Diskussion zu der kleinteiligen Weihnachtsbesuchsregelung kennen. Zu guter Letzt ist das Sprichwort hier treffend:
Bei Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand!
Und hier liegt die große Chance bei einer Scheidungsmediation. In dieser Konfliktlösungsmethode gibt es eine*n unabhängige*n Mediator*in, die/der sicherstellt, dass alle Beteiligten gehört werden, mit ihren Ideen, Wünschen, Notwendigkeiten. Sie/er moderiert in einem klaren Prozess, erarbeitet gemeinsame Punkte, Gründe für unterschiedliche Sichtweisen und Möglichkeiten der Verständigung. Die Mediatorin leitet die gemeinsame Entscheidungsfindung strukturiert an.
Grundvoraussetzung ist die Zustimmung beider Beteiligten. Auch das ist manchmal schwer. Aber im Sinne der gemeinsamen Vergangenheit und der Kinder kann das gelingen.
Es ist kein Garant, aber jeden Versuch wert.
Petra Preußler ist Mediatorin und Bildungscoach.
Sie begleitet Paare in Konflikt- oder Trennungssituationen mediativ (als neutraler Dritter) bei der Erarbeitung konstruktiver interessengerechter Lösungen und berät Menschen, die sich beruflich (neu)orientieren möchten, in ihrem Berufszielfindungsprozess..
Mehr über Petras Arbeit erfährst du auf ihrer Homepage https://petrapreussler.de
(Sie hat inzwischen auch eine Praxis im Löwenberger Land.)
Carola Garbe ist Wirtschaftsingenieurin, Ombudsfrau, langjährige HR Leiterin, Mediatorin und Wegbereiterin von Shared Leadership.
Nach vielen Jahren in Vollzeit-Jobs hat sie vor 5 Jahren das Thema Jobsharing für sich entdeckt und ist seit dem Pionierin in Ihrem Unternehmen.
Die gewonnene Freizeit nutzt sie zum Netzwerken und teilt Ihr Erfahrungen zu Führung und Kooperationskultur.
Carola Garbe, Beraterin für Jobsharing und Führung. Mehr Infos unter https://adju-k.de/.