Schwarze Flecken, Vögel und Flüchtlingsboote

Das Unternehmerinnen-Netzwerk beteiligt sich an der Brandenburgischen Frauenwoche 2022 mit einer Blogreihe zum Thema Gehen oder Bleiben. Eine Einleitung zum Thema finden Sie in der Vorstellung unserer Blogreihe.

Schwarze Flecken, Vögel und Flüchtlingsboote

von Verena Siol

Der vorletzte Tag dieses Jahres ist fast zu Ende. Ich komme gerade zurück von einer Wanderung in einer wunderschönen Landschaft. Morinesio, Valle Maira, Piemont Italien, einer der sogenannten schwarzen Flecken in Europa, wenig besiedelt, eines der letzten Alpentäler ohne Lifte. Hier verbringe ich mindestens ein Viertel des Jahres.

Nachdenken beim Wandern

Es ist eine scheinbar von Menschenhand fast unberührte Gegend. Und doch war das Tal vor fast hundert Jahren viel stärker besiedelt und bewirtschaftet. Landwirtschaft mit wenig Erträgen und kleinen Parzellen hat die Menschen bewogen, ihr Glück und Auskommen in den Städten, in der Industrie zu suchen. Gehen oder Bleiben, viele von ihnen haben sich für das Gehen entschieden.

Beim Wandern kann ich gut nachdenken. Heute denke ich über das Thema der Frauenwoche 2022 nach. Ich stapfe durch den Schnee und hoffe, dass die Natur hier weiterhin einfach so wachsen und gestalten kann wie sie es will. Gehen oder Bleiben.
Vielfältige Aspekte sind es wert und wichtig betrachtet zu werden. Politik, Klimaschutz, Flucht, Gleichberechtigung…

Vögel als künstlerische Symbole

In einer meiner letzten künstlerische Arbeiten habe ich den Vogel in den Mittelpunkt gestellt. Im Atelier stehend kann ich gut die Vögel in meinem Garten beobachten. Bereits seit längerer Zeit beschäftigt mich das Thema der Veränderungen in der Natur, in meiner unmittelbaren Umgebung. Besorgt höre ich Nachrichten über den Rückgang der Artenvielfalt, der Zerstörung von Lebensräumen für Mensch und Tier, den unfassbaren Zusammenhang auf das weitere Leben auf der Erde.

Exemplarisch habe ich in meinen letzten Arbeiten den Vogel in den Mittelpunkt gestellt, die Vogelwelt als Symbolträger in plastischer und skulpturaler Umsetzung.
Die „Arche der Vögel … wie weit ist das Mittelmeer?“ ist eine Arbeit dieser Serie. Vögel werden in ihrer Existenz bedroht. Insektensterben, aggressive Agrarwirtschaft, Technik in Form von Windkraftanlagen, Transportwesen sind nur einige Ursachen. Allein in Deutschland ist in den letzten zwölf Jahren der Verlust von 12,7 Millionen Vogelbrutpaaren ermittelt worden. (Nabu) Das sich diese Fakten auf unser Ökosystem, auf unser Leben auswirken werden, ist unumgänglich und wahrscheinlich nicht rückgängig zu machen.

Eine Frage der Blickrichtung

Die „Arche der Vögel…“ steht für mich auch für Aspekte wie Flucht, Fremdheit, Entfremdung und Entwurzelung. Ist das Boot von vorn oder von der Seite betrachtet ein Boot mit Vögeln, so ergibt sich für den Betrachter im Blick von hinten auf das Boot ein anderer. Geduckt und nur den Rücken erkennend assoziiert man ein überfülltes Flüchtlingsboot, die Bilder welche man vom Mittelmeer kennt. Der Verlust von Heimat ist für Millionen von Menschen ein Opfer, welches sie für eine lebenswerte Perspektive in Kauf nehmen und zwingt diese zu dramatischen, lebensbedrohlichen Schritten.

Gehen oder Bleiben. Ich wünsche mir mutige Schritte für eine menschenfreundliche Welt, auf der wir gleichberechtigt bleiben dürfen.

Verena Siol arbeitet als Freie Künstlerin und Kunsttherapeutin.

Ihre Gestaltungen sind geprägt durch lebendige Wertschätzung der Schönheit, die den ganz
alltäglichen Gegenständen innewohnt.

Mehr Informationen unter www.verenasiol.de.

Verena Siol, Freie Künstlerin und Kunsttherapeutin.

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