Wen interessiert schon mein Geschlecht?
Gastbeitrag von Nicole-Kristina David-Ulbrich
Seit 29 Jahren bin ich selbstständig. Zuerst mit einer Kulturkneipe neben dem Studium, dann als Versicherungsfachfrau, Finanzplanerin, Kräuterpädagogin, Restaurant-Betreiberin, Trainerin für Vertrieb und Kommunikation, Coach und seit letztem Jahr bin ich auch noch Verlegerin und Keks-Entwicklerin.
Gefühlt schon immer habe ich mich mit Frauen vernetzt, um das berufliche Standing zu verbessern, beim bpw, dem Frauennetzwerk Unternehmerinnen in Oberhavel, bei Mentor Me und habe den Verein LeadSidebySide (Förderung des paritätischen Führens) mitgegründet.
Ich gestalte Führungskräfte- und Verhandlungstrainings für Frauen und da ist es mir zum ersten Mal begegnet: „Was, wenn mich mein Gesprächspartner nicht ernst nimmt, weil ich eine Frau bin?“
Berechtigte Frage und bei aller Betriebsblindheit – ich habe mir diese Frage noch nie gestellt. Dabei komme ich aus Bayern, wo bekanntlich noch die prähistorische Geschlechterteilung gelebt wird.
Ich habe mir die Frage nie gestellt, weil mir das selber vollkommen egal ist, ob ich mit Mann, Frau, Trans oder wem auch immer verhandele oder Gespräche führe. Mir geht es um den Mensch und genauso zeige ich mich meinem Gegenüber auch als Mensch. Dass ich weiblich bin, eventuell frauentypische Strategien in den Gesprächen nutze – ist meinen Vorlieben und meiner Persönlichkeit geschuldet.
Spielregeln kennen und gestalten
Mich interessiert beim Gegenüber viel mehr: Spielt er fair? Sind wir auf Augenhöhe? Welche Spielchen spielt er? Wie kann ich die Spielregeln mitgestalten oder so spielen, dass er glaubt, wir spielen sein Spiel, dabei spielen wir zusammen und haben einen Haufen Spaß.
In der damals männerdominierten Finanzdienstleistung trafen wir uns zweimal im Jahr mit allen anderen sehr erfolgreichen Kollegen zum Austausch. Die Männer unterhielten sich darüber, was sie erfolgreich unternahmen, welche Tricks und Kniffe sie nutzten – es gab viel zu lernen. Die Frauen sprachen über Privates und weniger über ihre beruflichen Erfolge. Das war auch schön, aber weniger lehrreich. Da ich meinen Erfolg ausweiten wollte, suchte ich das Gespräch mit den Herren. Natürlich war da auch viel Gockelei dabei, dennoch – die echt zielführenden Hinweise erhält man im Austausch und findet sie nicht in einem Buch.
So habe ich gelernt: Macht wird einem nicht geschenkt – es gilt, sie zu leben, notfalls sie einzufordern.
Und da erlebe ich oft die Krux: In meinen Seminaren sind großartige, hochkompetente Frauen – und hoffen, dass das jemand wahr nimmt und sie fördert, anstatt dass sie selbst ihre Fähigkeiten anerkennen, wertschätzen und sich die Anerkennung für ihre Fähigkeiten einfordern.
„Tue Gutes und sprich darüber.“ (Heinz Erhard)
„Ja aber, …. Das kommt so eingebildet rüber … Ich möchte nicht, dass die anderen glauben, ich wäre etwas Besseres . Eigenlob stinkt ..blablabla.“
Na und? Trommeln gehört zum Geschäft und wenn ich ein Spiel mitspielen möchte, sollte ich die Spielregeln kennen und anwenden können. Sobald ich mitspiele, kann ich anfangen, die Regeln zu ändern. Solang ich nur am Spielfeldrand stehe und jammere, nimmt mich keiner ernst.
Vision: Das Spiel des Lebens wertschätzend und mit Freude meistern
Und das ist tatsächlich meine Vision: Dass wir geschlechtsunabhängig, menschenorientiert und wertschätzend zusammen das große Spiel des Lebens mit möglichst viel Freude meistern.
Nicole-Kristina David-Ulbrich ist Vertriebsentertainerin, Trainerin für Kommunikation, Business Coach, Teamcoach, Kräuterpädagogin, Verlegerin und noch viel mehr.
Sie begleitet Menschen, Teams und Unternehmen in Veränderungsprozessen, gibt Seminare zu allen Themenbereichen der Kommunikation und des Vertriebs, ist Speaker auf mittelgroßen Bühnen, sammelt mit Menschen Wildkräuter, entwickelt Kekse und engagiert sich ehrenamtlich bei verschiedenen Vereinen.
Sie macht vor allem das, was ihr Spaß macht. Und das hat immer was mit Menschen zu tun.
Was sie hier nicht gesagt hat: Sie hat von 2013 bis 2017 mit Dagmar Möbius das Netzwerk Unternehmerinnen in Oberhavel geleitet, zuvor mit Elke Klerx. Wir freuen uns, dass Sie die Moderation unserer Podiumsdiskussion am 15. März 2023 übernimmt.