Schreibtipps für Nicht-Schreiberinnen

Du machst deinen Beruf, weil du ihn liebst. Du bist voll engagiert und du genießt die Arbeit. Nun ja, zumindest genießt du die Kernarbeit — das, was du eigentlich machen willst.


Aber dann sind da ja noch all diese dummen Nebensächlichkeiten, über die du dir als Unternehmerin auch Gedanken machen musst. Den meisten Menschen fällt hier sofort die Buchhaltung oder die Steuererklärung ein. Darüber hinaus fällt zum Beispiel auch Werbung für die eigenen Produkte oder Dienstleistungen meist nicht ins Kerngeschäft. 
Und schließlich ist auch das Schreiben von Texten für die meisten Menschen eher eine Pflichtübung. Es muss halt irgendwie gemacht werden.


Für die Firmenkorrespondenz helfen an dieser Stelle Vorlagen. Manch andere Dinge lassen sich dagegen auch mit Vorlage nicht innerhalb von ein paar Minuten bewerkstelligen. Blogbeiträge, schriftliche Interviews, ausführliche Projektexposees oder Förderanträge sind nicht mal eben runtergeschrieben. Ach, und dann war da ja eigentlich auch noch die Idee mit dem Buch, das du mal veröffentlichen wolltest… 


Dagmar Moebius hat hier auf dem Blog bereits deutlich gemacht: Nur wer schreibt, wird auf Dauer auch besser schreiben. Doch wie lässt sich das Schreiben in den beruflichen Alltag integrieren, wenn es doch nur eine Nebensächlichkeit ist und du eigentlich viel lieber die Zeit mit deiner Kerntätigkeit verbringen möchtest?


Ein paar einfache Grundsätze können dazu führen, dass das Schreiben weniger zur Last fällt.


Schreib Ablenkungsfrei

Kaum öffnest du ein neues Word-Dokument, als auch schon das Telefon klingelt. Du nimmst den Anruf an, besprichst kurz, was zu besprechen ist, und fragst dich danach, warum du das Dokument auf dem Rechner geöffnet hast. Ach ja, du wolltest den Blogbeitrag schreiben. Du schreibst. Es läuft gut. Bis du am unteren Bildschirmrand eine Benachrichtigung zu einer E-Mail siehst. Ach, die kannst du ja schnell beantworten. Danach versuchst du, wieder den Faden des Textes aufzunehmen. Was war vorhin nochmal dieser kluge Gedanke, den du in die Tasten hämmern wolltest? Schade — nun ist die geniale Formulierung verschwunden. Und so geht es weiter bis zum Mittagessen. Völlig frustriert schließt du das Dokument. Du hattest dir für heute Vormittag nichts vorgenommen außer diesen einen Text. Und jetzt ist der noch nicht mal fertig.

Um flüssig zu schreiben, dürfen wir uns beim Schreiben nicht ablenken lassen. Leider ist für die meisten von uns der Alltag voller Ablenkungen. Selbst diejenigen, die den Hauptteil ihrer Arbeitszeit nicht am Rechner verbringen, sind diesen Ablenkungen ausgeliefert, sobald sie den Computer hochfahren. Kurz und bündig heißt mein Tipp deshalb: Mach dein Handy leise, schließ alle Programme am Computer, die du nicht brauchst. Falls du offline schreibst, kannst du gleich das Internet abschalten. In jedem Fall aber sollte dein Mailprogramm geschlossen sein, damit du keine Push-Nachrichten erhältst. Und auch andere Programme, die selbstständig Benachrichtigungen schicken dürfen (Nachrichten-Portale, Soziale Medien, Team-Chats wie Slack und selbst Anti-Viren-Programme) sollten so weit als möglich ohne Push-Meldungen laufen. Schließ außerdem die Tür und häng ein Schild dran. Meine Erfahrung zeigt, dass der bloße Hinweis „bitte nicht stören“ häufig ignoriert wird. Nutz stattdessen zum Beispiel: „Wichtige Besprechung. Bitte nicht stören.“ Menschen nehmen Besprechungen ernster als ungestörtes Schreiben. 

Mach feste Termine im Kalender

Nur diejenigen Dinge, denen wir ein Zeitfenster einräumen, können wir erledigen. Wenn du deinen Tag von morgens bis abends mit Besprechungen vollstopfst, kommst du nicht zum Schreiben. Blocke den Termin deshalb genauso rigoros in deinem Kalender wie Besprechungen, Besuchstermine oder deine Golfrunde. Je regelmäßiger deine Termine sind, desto leichter kommt die Routine — und desto selbstverständlicher ist es auch für andere Menschen, dass du dann nicht verfügbar bist.

Nutz deine natürliche Konzentrationsphase

Niemand ist immer gleich gut konzentriert. Ich bin ein Morgenmensch. Am besten schreibe ich zwischen 4 und 6 Uhr. Texte, die zwischen 11 und 14 Uhr entstanden sind, kann ich dagegen getrost meinen Kindern zum Bekritzeln überlassen. So wird vielleicht doch noch Kunst daraus. Wann schreibst du am besten? Nutze diese Phase, anstatt dich mit Schreiben im Suppenkoma selbst zu kasteien. 

Trenne das Schreiben vom Lektorieren und vom Layout

Schreiben heißt Schreiben. Schreiben heißt nicht Rechtschreibfehler verbessern oder das Bild einfügen oder nochmal darüber nachdenken, ob du diese Überschrift wirklich unterstreichen willst oder doch lieber fett druckst. Wenn du schreibst, schreibst du. Alles andere kann warten. Ich weiß, dass es im ersten Moment unlogisch klingt. Was fertig ist, ist schließlich fertig. Du wirst allerdings schnell merken, dass dich selbst die Kleinigkeiten aus dem Konzept bringen können. Unterbrich deinen Schreibfluss so selten wie möglich. Das gilt auch für Aufgaben, die ebenfalls zu deinem Schreibprojekt gehören. 

Lerne schnelles Tippen

Nichts ist frustrierender als langsam zu tippen. Wenn deine langsamen Finger dich davon abhalten, deine Gedanken auf’s digitale Papier zu bringen, hilft nur Eines: Lern schnelles Tippen! Ich persönlich tippe heute nicht im klassischen Zehn-Finger-Tippsystem und habe dennoch eine Anschlagquote wie meine Mutter, die als Sekretärin das Tippen mit zehn Fingern professionell gelernt hat (damals noch auf einer Schreibmaschine. Wenn sie bei uns zu Hause in die Tasten gehauen hat, war das genauso laut wie ein Klavier…). Es geht mir also nicht darum, dass du nur mit dem klassischen Anschlagsystem schnell tippen könntest. Tipp, wie es dir passt. Hauptsache: Du tippst schnell und du tippst halbwegs fehlerfrei. Zum Glück ist es ja heutzutage wesentlich einfacher, Tippfehler zu korrigieren, als es das vor dreißig Jahren war. Insofern brauchst du nicht nach Perfektion streben. Sei einfach nur so schnell, dass deine Finger nicht aufs Bremspedal deines Hirns treten. 

Mach dir Notizen

Die besten Ideen kommen uns meist, wenn wir gerade gar nicht schreiben. Ist dein privater Think Tank ist auch die Dusche? Sobald du einen Gedanken hast, schreib ihn auf (im Notfall mit dem Finger an die beschlagene Wand der Dusche!). Ich persönlich nutze dafür meine digitale Aufgabenliste, aber ein Stück Papier tut es auch. Schreib dir Themen, Formulierungen, offene Fragen auf. So startest du später nicht beim leeren Blatt, sondern hast schon Notizen, an denen du dich entlanghangeln kannst.

Nutze Vorlagen

Oben schrieb ich, manche Texte ließen sich schlecht in eine Vorlage pressen. Das ist durchaus richtig. Dennoch kannst du beispielsweise eine fertige Designvorlage nutzen. Je weniger dich vom tatsächlichen Schreiben ablenkt, desto besser. Errichte einmal die Vorlage für alle deine Briefe. Dann füllst du sie nur noch mit Inhalt.

Schreibe zuerst das Inhaltsverzeichnis

Ein Inhaltsverzeichnis hat für dich als Schreiberin zwei Vorteile: Einerseits legst du damit den roten Faden fest, der durch deinen Text geht. Und andererseits steht damit schon etwas auf dem Papier. Es ist also nicht mehr komplett weiß. Anstatt jetzt einen ganzen Text schreiben zu müssen, schreibst du einfach nur den Inhalt für eine der Überschriften. Zack, schon erledigt. Und dann schreibst du den Text unter die nächste Überschrift. So erlebst du viele kleine Erfolge und ehe du es mitbekommst, ist der Text geschrieben.

Finde deine Routine

„Wenn du nicht gerne joggst, liegt das nur daran, dass du noch nicht dein System gefunden hast“, bekomme ich jedes Mal zu hören, wenn ich anmerke, dass Joggen absolut nichts für mich sei. 

So ist es auch mit dem Schreiben: Wenn du erst dein System gefunden hast, fließt es. Um dein System zu finden, hilft nur eines: Probier aus, was zu dir passt. Justiere deine Schreibroutine immer genauer. Irgendwann ist das Schreiben so selbstverständlich, dass es dir wie Meditation vorkommt. Du bist in einem Flow; in einem Gemütszustand, indem du nicht merkst, wie die Zeit vergeht. Du vergisst Hunger und Durst, du merkst nicht, dass du aufs Klo musst. Die Leitung aus deinem Hirn zu deinen Händen ist das Einzige, was zählt.

Okay, vielleicht übertreibe ich. Selbst, wenn du das Schreiben nicht als lebenserfüllende Aufgabe annimmst, wird es einfacher, wenn die Umstände stimmen. Finde deshalb heraus, was für dich passt. 

Lagere aus

Ich mag immer noch kein Joggen. Ich habe einiges ausprobiert. Es ist nicht meine Sportart. Lasst mich tanzen, schwimmen, reiten. Nicht joggen. Genauso kann es dir passieren, dass du eine Weile die bewährten Tipps und Tricks ausprobiert hast — und dennoch keinen Spaß am Schreiben findest. Vermutlich wird der Frust mit jedem nicht funktionierenden Tipp sogar noch größer. In dem Fall heißt es: Lass es sein! Ich lasse das Joggen auch sein. (Ausnahme sind die berühmten Sprints zum Zug…)

Falls du in deinem Business dennoch Texte benötigst, gibt es einen großen Vorteil beim Schreiben, den es Joggen so nicht gibt: Du kannst andere für dich schreiben lassen. Sowohl als Ghostwriter*in oder unter eigenem Namen ist das möglich. Wenn du zum Beispiel in deiner Firma Angestellte beschäftigst, frag doch einfach mal, ob jemand Lust hat, die monatlichen Blogbeiträge auf dem Firmenblog zu übernehmen. Falls du keine festen Angestellten hast (oder diese die Aufgabe nicht übernehmen sollen), engagiere eine*n Freelancer*in. Es gibt zu (fast) jedem Thema und in jeder Preiskategorie Menschen, die es lieben, Texte zu schreiben. Sie sind effizient in der Zeitnutzung, die Texte sind sprachlich korrekt und inhaltlich ansprechend. Und du kannst dich stattdessen am Joggen versuchen.

Zusammen schreibt es sich leichter

Joggen und Schreiben lassen sich noch in einer anderen Art vergleichen: Beides geht besser, wenn man es gemeinsam tut. Du überlegst gerade, ob du die Laufschuhe anziehen sollst. Aber da setzt sich dein liebster Schweinehund auf deinen Schoß. Und während du ihn zwischen den Ohren kraulst, schaust du eine Serie und das Zeitfenster zum Joggen schließt sich ganz allmählich. Der Schweinehund ist zufrieden und verkriecht sich in seine Ecke, während dein schlechtes Gewissen traurig die Laufschuhe wieder ganz hinten in den Schrank räumt.

Oder du startest deinen Rechner. Du willst das Word-Dokument schreiben, aber es öffnet sich auch dein Mailpostfach automatisch. Du siehst die eingegangene Email. Schnell liest du sie und antwortest. Weil du aber weißt, dass du die Person schneller auf Facebook erreichst, öffnest du Facebook und schreibst sie an. Dabei fällt dir dein Newsfeed ins Auge. Du weißt nicht, wie es dazu kommen konnte, aber auf einmal kommt deine Freundin dich abholen: Ihr wart ja zum Mittagessen verabredet. Soviel zum Schreiben.

Beide Szenarien wären ganz anders gelaufen, wenn du eine Verabredung zum Erfüllen der Aufgabe gehabt hättest. Wir können die Kraft der Gemeinschaft nutzen, um uns zu motivieren. Selbst ich schiebe manchmal Texte vor mir her, obwohl ich Autorin und Texterin bin. Es ist normal. Deshalb gibt es seit einigen Monaten die offene Schreibwerkstatt. Dort schreiben wir, alle verbunden über Zoom, an unseren jeweils eigenen Texten. Aber wir machen eben nichts anderes! Wir schreiben nur! Und weil wir uns am Anfang erzählen, was wir heute schreiben werden, gibt es dann auch kein Zurück. Es ist eine tolle Möglichkeit, Menschen kennenzulernen, sich selber zu motivieren und auch noch produktiv zu arbeiten. Die Ergebnisse sprechen für sich! Weitere Infos und den Anmelde-Button findest du hier: https://www.steffoswelt.de/frauennetzwerk/.

Fazit: Trau dich!

Der erste Entwurf ist immer Mist. Schreib ihn trotzdem. Denn der zweite Entwurf ist dann schon besser. Die Qualität deiner Texte und der Spaß beim Schreiben werden sich nur einstellen, wenn du regelmäßig schreibst. Schreib also einfach! Schreib beruflich, schreib privat. Natürlich kannst du auch ein Schreibtraining absolvieren, um Stil, Lesbarkeit und sprachliche Korrektheit auf die nächste Stufe zu heben. Denk nur daran: Done is better than perfect — es ist also besser, du machst es, als dass du nichts tust, was nicht perfekt sein würde. Trau dich zu schreiben. Und falls du dich doch nicht traust, schreib mir eine Mail. Ich wette, wir können den Knoten gemeinsam lösen. Nicht beim Joggen. Aber beim Schreiben.

Katharina Tolle schreibt — am liebsten über Geburten, Feminismus und Unternehmerinnen. Oder alles drei zusammen.

Und sie liest — am liebsten über Geburten, Feminismus und Unternehmerinnen. Oder alles drei zusammen.

Mehr über Katharinas Angebote als Geburtsgeschichten-Autorin erfährst du hier.

Beiträge im Blog:

Katharina Tolle, Autorin von individuellen Geburtsgeschichten, Coach für selbstbestimmte Geburten und Bloggerin zum Komplex Geburten, Feminismus und Selbstständigkeit.

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